Ist die menschliche Haut ultavioletter Strahlung (UVR), im besonderen Ultraviolet-B (UVB; 290-320 nm) ausgesetzt, entstehen Photoläsionen der DNA, welche lichtbedingte Hautalterung, Mutationen, Zelltod und den Beginn krebserzeugender Ereignisse begünstigen. Photolyase (EC 4.1.99.3) ist ein die DNA reparierendes Enzym, welches durch UV-Strahlung hervorgerufene Schäden umkehren kann. Die zugrundeliegende Studie untersucht die Auswirkungen einer herkömmlichen Sonnencreme, welcher Photolyase zugefügt worden ist, und klärt die Frage, ob dadurch die In vivo-Bildung von Cyclobutan-Pyrimidin-Dimeren (CPDs) und die UVR-induzierte Apoptose in der Haut verringert wird.
Zehn Studienteilnehmer (Hauttyp II der Fitzpatrick skin scale) wurden für vier aufeinanderfolgende Tage der minimalen Erythema-Doses simulierter Sonnen-UV-Strahlung ausgesetzt. 30 Minuten vor jeder Exposition wurden die Testsubstanzen (Vehikel-Placebo, Sonennschutzcreme mit Faktor 50 sowie die miit Photolyase aus Anacystis nidulans versetzte Sonnenschutzcreme) auf drei verschiedene Seiten topisch aufgetragen. Eine Seite wurde unbehandelt gelassen und eine andere ausschließlich simulierter Sonnen-UV-Strahlung ausgesetzt. 72 Stunden nach der letzten Bestrahlung wurden Biopsie-Proben entnommen.
Die Menge an CPDs und das Ausmaß der Apoptose wurde mittels ELISA gemessen. Die mit Photolyase versetzte Sonnenschutzcreme war der herkömmlichen Sonnenschutzcreme sowohl bei der der Verringerung der Bildung von CPDs und dem apoptopischen Zelltod überlegen (in beiden Fällen mit P<0.001). Zudem hat die Hinzufügung von Photolyase zu einer herkömmlichen topisch angewendeten Sonnenschutzcreme signifikant zu einer Verringerung des durch UVR verursachten DNA-Schadens und der Apoptose beigetragen.
Frühere Studien zeigte, dass die UVB-Komponente der Sonnenstrahlung die Bildung zweier wesentlicher Photoprodukte auslöst: Cis-syn Cyclobutan Pyrimidin dimere (CPDs) und (6-4) Pyrimidin-Pyrimidon-Photoprodukte. Unter den DNA-Photoprodukten, welche durch die UVB-Absorbtion der DNA entstanden, sind hauptsächlich durch die Photo-(2+2)-Zykloaddition der 5,6 Doppelbindung der zwei nebeneinader liegenden Pyrimidin-Nucleotide gebildete CPDs zu finden. CPDs unterbrechen den normalen Replikations- und Transkriptionsprozess der DNA und werden als Verursachungsfaktor von Hautkrebs vermutet.
Es liegen außerdem Evidenzen vor, die nahelegen, dass stark UVB-geschädigte Zellen zugunsten umliegender normaler Zellen eine Apoptose durchmachen. Dementsprechend wird die UVB-vermittelte Apoptose gegenwärtig als Schutzmechanismus betrachtet, welche eine maligne Transformation verhindert, indem er Zellen, deren DNA in großem Maße durch UVB geschädigt worden sind, eleminiert. Photoprotektion ist die primäre präventive und therapeutische Strategie gegen durch UVB-Strahlung hervorgerufene DNA-Schaden und Hautkrebs. Neben herkömmlichen Verhaltensmaßnahmen wie beispielsweise dem Tragen sonnenscnhützender Kleidung, der verringerung der Sonnenlichtexpositionszeit und der Anwendung von Sonnenschutzprodukten ist ein innovativer Ansatzpunkt zur Bewältigung der drängenden klinischen Herausforderung der Photoprotektion die topische Anwendung xenogener DNA-Reperatur-Enzyme.
Hierfür haben sich zwei verschiedene Methoden etabliert: die Nutzung von T4-Endonuclease V und die Anwendung von Photolyase. T4-Endonuclease erwies sich klinisch als hilfreich bei Patienten, welche von durch prä-malignen und malignen Hautläsion verursachten Nukleotidexzisionsreparaturdefekte betroffen sind. Jedoch hat sich die Anwendung von Photolyase, welche ebenfalls in der Lage ist, UVB-induzierte CPDs aus normalen Zellen in vivo zu entfernen bei der Schadensreperatur als effektiver erwiesen als T4-Endonuclease V.
Photolyase (EC 4.1.99.3) ist ein monomerisches DNA-Reperatur-Flavoenzym der Größe 50-60 kDa, welches durch UVR-Strahlung verursachte Schäden behebt. Dieses Enzym kommt natürlich im Organismus nahezu jedes Lebewesens, welches dem Sonnenlicht ausgesetzt ist vor, jedoch mit Ausnahme plazentaler Säugetiere und dem Menschen. Frühere In vitro-Studien zeigten, dass CPDs durch Photolyase mittels einem katalytischem Photozyklus, der sogenannter Photo-Reaktivation, die sich der Energie von blauem Licht bedient, effektiv repariert werden. Daher kann die Photoreaktivation als die Umkehr der schädlichen Auswirkungen der UV-Strahlung, welche auftreten, nachdem oder während der Organismus Nah-UV bzw. blauem Licht (300-500 nm; Maximales Aktionsspektrum: 430-460 nm) ausgesetzt worden ist.
Aus dem Cyanobakterium Anacystis nidulans gewonnen Photolyase enthält ein lichtsammelndes Chromophor, 8-Hydroxy-5-Deazaflavin (8-HDF) sowie das Flavin-Adenin-Dinukleotid (FAD), welches maßgeblich an der katalytischen Aktivität beteiligt ist. In einer von Stege et al. durchgeführten klinischen Studie wurde nachgewiesen, dass eine auf die Haut applizierte Liposom-Formulierung, welche aus Anacystis nidulans gewonnene Photolyase enthält, gegen durch UVB-Strahlung verursachte Schäden, wie zum Beispiel Erythema und immunogene Hypersensitivitäts-Reaktion schützt. Darauf aufbauend wurde für die zugrundeliegende Studie die Hypothese gebildet, dass die Hinzufügung von Photolyase zu einem herkömmlichen Sonnschutzmittel dessen Schutzwirkung verbessern kann, indem es die Bildung von CPDs auf der DNA-Ebene sowie die durch UV-Strahlung hervorgerufene Apoptose verringert.
ERGEBNISSE
Der durchschnittliche MED für die simulierte Sonnenlicht-UV-Strahlung betrug 59±10 mJ/cm2. Die MEDs wurden für jeden Studienteilnehmer einzeln erfasst und die Studiendurchführung mit den individuell ermittelten MEDs als Initialwerte für den Sonnenlichtsimulator begonnen.
Wiederholte Bestrahlung erhöhte die Bildung von CPDs sowohl im nur mit UV-Strahlung bestrahlten positiven Kontrollbereich als auch im Vehikel- und UV-Strahlungsbereich signifikant und zwar in beiden Bereichen 19 mal höher im Vergleich zum Ausgangswert, P<0.001. Das einzeln angewendete Sonnenschutzmittel unterband teilweise, jedoch nicht vollständig die Bildung von CPDs um 62% (P<0.001 vs. Positive Kontrollgruppe und Vehikel + mit UV bestrahlte Bereiche). Das mit Photolyase versetze Sonennschutzmittel jedoch reduzierte die Bildung von CPDs um ~93% und wirkte daher klar besser als Sonnenschutzmittel ohne Photolyase (P<0.001).
Als Methode zur Quantifizierung der DNA-Fragmentation auf Basis der Detektion von Mono- und Oliginukleosomen in den zytoplasmischen Fraktionen der aus den unter verschiedenen experimentellen Umständen gewonnenen Hautbiopsien wurde Cell Death Detection ELISAPlus eigesetzt.
Wiederholte Bestrahlung erhöhte die Apoptose sowohl im nur mit UV-Strahlung bestrahlten positiven Kontrollbereich als auch im Vehikel- und UV-Strahlungsbereich signifikant und zwar in beiden Bereichen 8,1 mal höher im Vergleich zum Ausgangswert, P<0.001. Das einzeln angewendete Sonnenschutzmittel unterband teilweise, jedoch nicht vollständig die Bildung von CPDs um 40% (P<0.001 vs. Positive Kontrollgruppe und Vehikel + mit UV bestrahlte Bereiche). Das mit Photolyase versetze Sonennschutzmittel jedoch reduzierte die Apoptose um ~82% und wirkte daher klar besser als Sonnenschutzmittel ohne Photolyase (P<0.001).
Eine Studie von Stege et al. zeigte, dass die topische Anwendung in vivo von Photolyase enthaltenden Liposomen auf von UVB-Strahlung gereizter Haut mit anschließender Exposition gegenüber photoreaktivierendem Licht die Anzahl der der UVB-Strahlung hervorgerufenen Dimere um 45-50% verringert.
Fazit
Die Studienergebnisse der zugrundeliegenden Studie belegen und erweitern bereits vorhandene Erkenntnisse über die Nützlichkeit der Anwendung von Photolyase für die Photoprotektion des Menschen. Eine von Decome et al. durchgeführte Studie hat bereits gezeigt, dass durch UVA-Strahlung photoaktivierte Photolyase, welche in Liposomen enthalten war, CPDs effizient reparierte und das Level von Einzelstrangbrüchen in den Keratinozyten nach einer Einzeldosis UVB-Strahlung um den Faktor 2,6 bis 3,3 verringerte.
Bemerkenswerterweise wurde das in der zugrundeliegenden Studie verwendete In vivo-Modell wiederholt ssUV-Strahlung ausgesetzt. Da die Akkumulation von residualen DNA-Schäden, welche durch wiederholte ssUV-Strahlung entstanden sind, eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Hautkrebs spielt, zeigen die Ergebnisse der zugrundeliegenden Studie klar, dass Photolyase enthaltende topische Präparate herkömmlichen Sonnenschutzmitteln darin überlegen sind, kanzeröse und prä-kanzeröse Hautläsionen und sonnenlichtbedingte Hautalterung zu reduzieren.
Die in der zugrundeliegenden Studie gewonnenen Daten belegen, dass die Hinzufügung von Photolyase zu einem herkömmlichen Sonnenschutz dessen Wirkung sowohl gegen durch ssUV-Strahlung verursachten DNA-Schaden und gegen apoptopischen Zelltod signifikant verstärkt und somit als Mittel zur kosmetischen Photochemoprävention gut geeignet ist.
Zugrundeliegende Studie:
Berardesca, E. et al.: Reduced ultraviolet-induced DNA damage and apoptosis in human skin with topical application of a photolyase-containing DNA repair enzyme cream: Clues to skin cancer prevention; in: MOLECULAR MEDICINE REPORTS 5: 570-574, 2012; DOI: 10.3892/mmr.2011.673.