Niacinamid: Wirkmechnismen und Verwendung in der Dermatologie

Das auch als Vitamin B3 bekannte Nicotinamid (Niacinamid) ist die Pyridin-3-carbonsäureamid-Form von Niacin. Das wasserlösliche Vitamin wird nicht im menschlichen Körper gespeichert und muss diesem daher von außen zugeführt werden. Die nachfolgend zusammengefasste Studie stellt einen Überlick der Wirkmechanismen von Niacinamid mit besonderem Augenmerk auf seine Wirkung auf die Haut dar. Niacinamid ist unter anderem am zellulären Energiestoffwechsel, der DNA-Reperatur und der Regulation von Transkriptionsprozessen beteiligt.

Anti-Akne-Wirkungen von Niacinamid

Die anti-inflammatorischen und sebostatischen Eigenschaften von Niacinamid begründet seine Verwendung als Wirkstoff in topischen Formulierungen. Bei Akne-Läsionen bedingt das Propionobakterium acnes die Produktion von IL-8. Hierbei handelt es sich um ein Chemokin, welches in den Keratinozyten mitogenisch aktiv ist und darüber hinaus an der neutrophilen Chemotaxis beteiligt ist. Bei Akne-Läsionen ist zudem eine Aktivierung der Transkriptionsfaktoren NF-κB (Nuklearfaktor „Kappa‑light‑chain‑enhancer“ der aktivierten B-Zellen) und des Aktivatorproteins 1 (AP-1) zu beobachten. AP-1 wird durch Niacinamid über die Poly(ADP-ribose)-Polymerase 1 inhibierft.

In einer randomisierten, doppel-verblindeten Kontrollstudie mit 160 Teilnehmern mit moderaten und überwiegend entzündlicher Akne wurden diese für einen Zeitraum von 8 Wochen zweimal täglich mit einem 45%igen Niacinamid-Gel oder einem 4%igen Erythromycin-Gel behandelt. Beide Studienteilnehmergruppen berichteten von einem ähnlich starken Rückgang der entzündeten Läsionen, wobei die mit 4%igem Niacinamid-Gel behandelten Studienteilnehmer jedoch signifikant größere Verbesserungen hinsichtlich seborrhoeischer Erscheinungen hatten.
Im Rahmen einer weiteren doppelverblindeten, placebo-kontrollierten und randomisierten Sudie mit 130 Teilnehmern wurde festgestellt dass eine Feuchtigkeitscreme der 2% Niacinamid enthielt, die Talgausscheidunsrate im Vergleich zum Placebo-Vehikel signifikant verringerte. Eine Studie von Shalita et al. berichtet von einer Reduktion der entzündeten Hautknötchen bei 82% der Versuchsteilnehmer, welche 8 Wochen mit 4% Niacinamid behandelt wurden. Dos et al. berichten, dass 1% Clindamycinphosphat und 4%iges Niacinamid-Gel bei der Behandlung moderater Akne über die gleiche Wirkeffektivität verfügen.

Die Rolle von Niacinamid bei atopischer Dermatitis

Niacinamid enthaltende Feuchtigkeitscremes haben sich bei der Behandlung atopischer Dermatitis als effektiv erwiesen. Bei atopischer Dermatitis kommt es zu einer Veringerung der Ceramide, einer Erhöhung des transepidermalen Wasserverlusts (TEWL) und einer geschädigten Hautbarriere. In einer In vitro-Studie konnte festgestellt werden, dass Niacinamid eine zwei- bis dreifahce Erhöhuing der freien Fettsäuren und eine anderthalbfache Erhöhung des Cholesterols bewirkte. Bei atopischer Dermatitis kommt es zu einem Anstieg von Aquaporin, welches wasserpermeable Kanäle codiert, was wiederum zu einem erhöhten Wasserverlust führt. Dies wird durch Niacinamid verhindert. Im Rahmen einer Studie mit 28 an atopischer Dermatitis leidenden Teilnehmern, bewirkte Niacinamid bessere Ergebnisse bei der Verringerung des transepidermalen Wasserverlust (TEWL) als weiße Vaseline.

In einer Rechts-Links-Vergleichsstudie, die mit 12 männlichen Teilnehmern mit trockener Haut durchgeführt wurde, reduzierten 2% Niacinamid, welches für 4 Woche zweimal wöchentlich angewendet wurde, den transepidermalen Wasserverlust (TEWL) gegenüber dem Placebo-Vehikel um 27% und erhöhten die freien Fettsäuren des Stratum corneums und der Ceramide um 67% beziehungsweise 34%. Eine weitere randomisiertre Kontrollstudie, umfasste 292 Teilnehmer, welche über einen Zeitraum von 12 Monaten zweimal täglich 500 mg Niacinamid bezeihunsgweise Placebo erhielten. Die Ergebnisse zeigten einen durchgängen Rückgang des transepidermalen Wasserverlusts (TEWL) um 6-7% im Vergleich zum auf Gesicht und Gliedmaßen angewendeten Placebo.

Anti-Aging-Wirkungen von Niacinamid

Niacinamid erhöht die Kollagenproduktion in Fibroblastenkulturen und reduziert die erhöhten dermalen Glycoaminoglycoside in lichtgeschädigter Haut. Außerdem erhöht Niacinamid die Produktion der epidermalen Proteine Keratin, Filaggerin und Involucrin. Die Glykation zwischen Protein und Zucker erzeugt eine gelbliche Färbung der Haut. Da es sich bei Niacinamid um einen Präkursor der Antioxidans NADPH handelt, verfügt es über anti-glykatiive Eigenschaften und verhindert dadurch die beschrieben Färbung der Haut. In einer doppelt-verblindeten, randomisierten Split-Face-Kontrollstudie, welche 30 weibliche Teilnehmer umfasste, wurde 5%ige Niacinamid-Creme mit einem reinem Vehikel-Kosmetikum verglichen, welches von den Studieteilnehmerinnen über einen Zeitraum von 8 Wochen hinweg auf dem Gesicht angewendet wurde. Bei der Anwendung von Niacinamid zeigte sich ein signifikanter Rückgang bei Faltenbildung und Hautrauheit.

Die Rolle von Niacinamid bei Autoimmunstörungen der Haut

Als Wirkmechanismus hinter der Wirkung von Niacinamid gegen vesikulobulöse Autoimmunkerkrankungen wird seine anti-inflammatorische Wirkung vermutet. Niacinamid inhibiert Zytokine wie IL-1β, IL-6, IL-8 oder TNF. Zu den am besten dokumentierten und studierten Anwendungsfällen von Niacinamid gehört Bullöses Pemphigoid. Eine Fallstudie berichtet von Wirkerfolgen bei der Behandlung von lokalem Bullösen Pemphigoid beoi einer täglichen Anwendung von 1,5 Gramm Niacinamid.

In einer doppelt verblindeten Kontrollstudie mit acht an Pemphigus Vulgaris leidenden Studienteilnehmern wurden 60 Läsionen randomsiert entweder 45 Niacinamid-Gel oder Pacebo-Gel zugewiesen und diese dann 30 Tage mit dem zugewiesenen Gel behandelt. Dabei zeigte sich, dass der durchschnittliche Epithelisierungs-Index für Hautläsion, welche mit Niacinamid behandelt wurden, signifikant höher war. Zudem sind liegen verschiedene Fallstudien vor, zu erfolgreichen Anwendungen von Niacinamid und Tetrazyklin bei verschiedenen Autoimmunerkrankungen mit Blasenbildung, wie narbiges Pemphigoid, Lichen planus pemphigoides, Dermatitis Herpetiformis und Lineare IgA-Dermatose vor. Aufgrunddessen kann Niacinamid verwendet werden, um die Anwendung von Steroiden zu vermeiden.

Antikarzinogene und photoprotektive Wirkungen von Niacinamid

Das Enzym PARP-1, welches durch Niacinamid inhibiert wird, steht mir der Zell-Seneszenz, Alterung und Krebs in Verbindung. Übermäßige Aktivierung von PARP-1 durch UV-Strahlung führt zu einer Depletion des zellulären NAD, wodurch wiederum glykolytisches Versagen auftreten kann, welches zu einer Zellnekrose führen kann. Niacinamid regeneriert zudem die zelluläre Energie, da es ein Präkursor von NAD und NADP ist. Außerdem verhindert es die übermäßige Aktivierung von PARP-1 durch negatives Feedback und verhindert somit die Zellseneszenz. Außerdem schützt Niacinamid vor durch UVA und UVB verursachten Immunosuppression.

Fazit  

Die zugrundeliegende Studie kommt zu dem Schluss, dass die vorliegende Fachliteratur und die klinischen Daten zu Niacinamid belegen, dass es sich aufgrund seiner anti-inflammatorischen, anti-oxidativen, protektiven und die Hautbarriere reparierenden Eigenschaften um einen bei der Behandlung verschiedener dermatologischer Erkrankungen gut verträglichen Wirkstoff mit positiven Effekten handelt.

Zugrundeliegende Studie:


Bains P, Kaur M, Kaur J, Sharma S.: Nicotinamide: Mechanism of action and indications in dermatology; in: Indian J Dermatol Venereol Leprol 2018;84:234-7